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Wirtschaftskanzleien - Glossar

Wirtschaftskanzleien sind eine Kategorie für sich, und so haben sich auch einige Begriffe herausgebildet, deren Kenntnis vor allem fürs Vorstellungsgespräch hilfreich ist.

Associates: angestellte Anwälte (im Gegensatz zu Partnern). Oft ist ein Associate einem oder zwei Partnern zugeordnet, die ihn als Mentoren betreuen und beurteilen.

Billable hours: Die meisten Wirtschaftskanzleien berechnen ihre Gebühren nach Stundensätzen, da sich auf die beratende Tätigkeit die BRAGO nicht anwenden lässt. Daher müssen die dem Mandanten in Rechnung gestellten Stunden erfasst werden. Dies geschieht teilweise noch mit Stundenzetteln, überwiegend aber über ein elektronisches Zeiterfassungsprogramm, bei dem in den Computer eingegeben wird, an welchem Fall wie viele Stunden gearbeitet wurde. Dies sind die sogenannten "billable hours". Oft wird noch von dem Partner kontrolliert, ob die Zeit angemessen ist, und dann etwas dafür abgezogen, dass ein Anfänger noch länger braucht als ein Anwalt mit zehnjähriger Erfahrung und das tatsächlich in Rechnung gestellte Netto-Ergebnis nennt sich dann "chargeable hours", wobei die Terminologie uneinheitlich ist. Entsprechend besteht auf Seiten der Kanzlei eine gewisse Erwartungshaltung, wie viele Stunden der Junganwalt in Rechnung stellen sollte. Diese Werte bewegen sich zwischen rund 1400 Stunden pro Jahr (mit WP-Gesellschaften assoziierte Kanzleien) über rund 1800 Stunden pro Jahr (englische Kanzleien) bis hin zu 2400 bis 2800 Stunden im Jahr (amerikanische Kanzleien). Oft wird die Bedeutung dieser Zahlen heruntergespielt. Für das erste Berufsjahr mag das auch noch richtig sein, aber spätestens nach einem Jahr ist dieser Wert durchaus eine Richtschnur. Vorsicht ist geboten, wenn eine Kanzlei sagt, dass 2400 Stunden pro Jahr locker erreichbar seien - was das für die Arbeitszeit pro Tag und den Urlaub bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen. Nicht ganz unwichtig ist, beim Vorstellungsgespräch nachzuhaken, ob denn der genannte Wert nun der Netto-Wert ("Chargeable hours") oder der Brutto-Wert ("Billable hours") ist oder ob eine Vollzeiterfassung erfolgt (auch Sortieren der eigenen Zeitschriften wird eingetragen). Wenn eine Kanzlei sagt, sie kenne hier keine Zielvorgaben, mag das anfangs verlockend klingen - aber man sollte dann unbedingt nachfragen, nach was sich die Arbeitszeit dann bemisst. Die 35-Stunden-Woche gilt in Wirtschaftskanzleien nicht, und wenn es keine "billable hours"-Vorgaben gibt, richtet sich die erwünschte Anwesenheit dann nach Face-Time?

Boutique: Kanzlei mit in der Regel 10 bis 50 Anwälten, die sich auf ein oder zwei Rechtsgebiete spezialisiert hat und auf diesem Gebiet qualitativ einer Großkanzlei paroli bietet.

Chargable hours: siehe billable hours.

Due Diligence: Im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen werden die Verträge des zu übernehmenden Unternehmens analysiert und bewertet. Dies ist oft mit langen, auch nächtlichen Diktiersessions verbunden, weshalb der Arbeitsbereich M & A teilweise berüchtigt ist. Due-Diligence-Prüfungen können aber auch interessant und lehrreich sein (man bekommt viele Verträge zu Gesicht) und sie können - je nach Kanzlei - auch in anderen Arbeitsgebieten vorkommen - wenn nämlich der M & A-Partner Spezialisten aus anderen Rechtsgebieten braucht.

Eat-what-you-kill: der an einen Partner ausgeschüttete Gewinn orientiert sich nach seinem eigenen Umsatz. Dieses System ist damit stärker leistungsorientiert als das Lockstep-System und findet sich bei amerikanischen und einigen deutschen Kanzleien. Teilweise wird es abgeschwächt durch "weiche" Elemente: Zusammenarbeit mit Kollegen anderer Arbeitsgruppen bringt ebenso Punkte wie selbsterwirtschafteter Gewinn. Nicht ganz unwichtig für Berufsanfänger: teilweise wird der Umsatz der Associates dem "eigenen" Partner zugerechnet, so dass dieser umso mehr verdient, je länger seine Mitarbeiter schuften.

Face time: Bezeichnet den Zustand, in dem man möglichst zu einer bestimmten Uhrzeit in der Kanzlei sein sollte und nicht vor einer anderen Uhrzeit gehen sollte - damit einen Chef und Kollegen sehen. Viele Kanzleien streiten ab, dass es so etwas gibt, in dem Fall sollte man nachhaken und fragen, was denn "üblich" ist, wann die Leute kommen und gehen. Wer eine Stunde früher geht als alle anderen, macht sich damit meist keine Freunde - ein wenig auf die "Face time" kommt es eben doch an.

Großkanzlei: Bezeichnet üblicherweise eine internationale Kanzlei mit mehr als 1000 Anwälten weltweit, eventuell auch bedeutende nationale Kanzleien, bei denen die Grenze wohl bei 100 Anwälten in Deutschland zu ziehen ist. Gesellschaftsrecht, oft auch Bankrecht oder M & A nimmt eine zentrale Rolle ein, doch meist werden weitere Rechtsgebiete angeboten (Arbeitsrecht, Kartellrecht, Steuerrecht, Wettbewerbsrecht).

Leverage: zahlenmäßiges Verhältnis von Partnern zu angestellten Anwälten (Associates). Je höher die Leverage, desto höher die Profitabilität der Kanzlei und desto geringer die Chancen für einen Associate, später selbst Partner zu werden. Allerdings ist bisher die Frage noch nicht beantwortet, was in englischen oder amerikanischen Kanzleien passieren soll, wo in Deutschland ein Partner im Schnitt nur zwei Associates hat, während im Heimatland auf einen Partner vier, sechs oder noch mehr Junganwälte kommen. Wenn langfristig diese Werte angeglichen werden sollen, dann sind für die deutschen Associates die Aufstiegschancen durch die derzeit niedrige Leverage noch bedeutend schlechter. Andererseits - wenn ein solcher Trend bei den internationalen Kanzleien einsetzen sollte, würden dann nicht die rein deutschen Kanzleien nicht auch die Möglichkeit nutzen, um Profitabilität und Leverage durch dieselben Maßnahmen zu erhöhen?

Lightshow: Was tun, wenn die Arbeit getan ist, man nicht mehr bummeln will aber noch nicht gehen kann, weil alle anderen noch arbeiten? Man schleicht sich heimlich aus der Kanzlei, läßt das Licht brennen und den Sakko über dem Stuhl hängen. Ein karikierendes Bild, in dem ein Fünkchen Wahrheit steckt. Deshalb nicht nur nach "billable hours" fragen, sondern auf einer Antwort insistieren, wann denn die Kollegen üblicherweise gehen.

Lockstep-System: Die Gewinnverteilung unter den Partnern richtet sich (vor allem) nach der Dauer der Kanzleizugehörigkeit. Soll die Zusammenarbeit der einzelnen Abteilungen fördern und weniger Druck auf die einzelnen Anwälte ausüben, findet sich vor allem in englischen und deutschen Kanzleien. Der Gegenentwurf ist das Eat-what-you-kill-Prinzip. Außerdem existieren zahlreiche Mischformen.

M & A: Mergers und Acquisitions, also Unternehmensverschmelzungen und Übernahmen. Schlagzeilenträchtig, lukrativ, konjunkturabhängig. Viele Arbeitsspitzen, Arbeit oft im Ausland und in (internationalen) Teams. Teilweise gefürchtet: die Due-Diligence-Prüfungen.

Partner: Gesellschafter einer Rechtsanwaltskanzlei, darf über wichtige Fragen mit abstimmen und erhält einen Teil des Gewinns. Je nach Kanzlei wird dieser nach dem Lockstep-System oder dem Eat-what-you-kill-Prinzip vergeben. Die großen Kanzleien stellen eine Aufnahme als Partner meist in Aussicht für den Fall, dass sich der junge Associate bewährt. Dies ist meist nach vier bis acht Jahren vorgesehen. Dieses Ziel erreicht oft nur die Hälfte der Neueinsteiger, den anderen wird mehr oder weniger diplomatisch nahegelegt, die Kanzlei zu verlassen. Wer diesen dezenten Rausschmiss aus einer angesehenen Großkanzlei erlebt, braucht sich keine allzu großen Sorgen machen, kleinere Kanzleien oder Wirtschaftsunternehmen nehmen ihn oft gerne - trotzdem wird dies oft als herber Rückschlag erlebt, weil finanzielle Träume platzen.


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